
Die Vorteile der Schematherapie
Die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren und das Richtlinienverfahren bei den gängigen psychischen Störungen, wie zum Beispiel Angststörungen, Depressionen und Zwangsstörungen.
Während meiner Ausbildung in der Kognitiven Verhaltenstherapie ist mir allerdings immer verstärkter bewusst geworden, dass es in meiner Wahrnehmung Lücken im System gibt. Wochenlang kaute ich auf meinen Gedanken herum und fragte mich, warum ich nicht 100 Prozent zufrieden mit den Therapieübungen war. Heute weiß ich, dass schon hier die Schematherapie an meine Tür klopfte. Je mehr ich in die Schematherapie eintauchte, je klarer wurde mir, wie sinnvoll die Ergänzung der KVT mit Elementen und Tools der Schematherapie ist.
Für die KVT gilt
Ein psychische Krankheit ist das Ergebnis ungesunder Bewertungen. In der KVT basiert das psychische Krankheitssymptom auf Lernerfahrungen. Diese ungesunden Lernmuster gilt es wieder zu verlernen, um wieder ein beschwerdefreies Leben zu leben. So weit das Modell.
Widerstand und Frustration

Schwierig wird es in der Therapie, wenn Patient:innen aufgerufen werden, aktiv in die Eigenverantwortung zu gehen und daran zu arbeiten, teilweise mit bis zu 6-10 Stunden Zeiteinsatz bei Hausaufgaben wöchentlich, die erwartet werden.
Menschen, die in Kindheit und Jugend häufig die Erfahrung gemacht haben, dass sie viel leisten mussten, um Anerkennung und Bindung zu erfahren, sind dann häufig erinnert an alte Gefühlsmuster und gehen dann mitunter in den Widerstand.
Die Kognitive Verhaltenstherapie bewertet das dann streng genommen als zu wenig Commitment. Das Ende vom Lied: Die Patient:innen fühlen sich und ihre Bedürfnisse, wie schon in ihrer Kindheit, nicht gesehen und brechen die Therapie ab.
Schematherapie – auch für Non-Responder
Damit Bedürfnisse ihren Platz in der Kognitiven Verhaltenstherapie finden, gibt es seit einigen Jahren die Schematherapie. Die wesentlichen Kennzeichen sind die Erweiterung der KVT um die Punkte:
- Nicht gesättigte Bedürfnisse aus Kindheit und Jugend werden validiert, das bedeutet, sie werden gesehen und anerkannt.
- Eine Elternrolle wird begrenzt von Therapeut:innen übernommen.
- Alte Emotionen erhalten Raum - mit Stuhldialogen zum Beispiel wird die Emotion aus der Kindheit »nachgefühlt«.
Mit diesen ergänzenden Tools wird die Schematherapie ganzheitlich einsetzbar – auch für Patient:innen mit dysfunktionalen inneren-Kind-Mustern oder einem strengen Über-Ich-Anteil.
Bevor die Bereitschaft zur aktiven Kognitiven Arbeit sich zeigen kann, braucht es den Blick auf alte Muster aus Kindheit und Jugend. In der Schematherapie heißen diese Komponenten Modi oder Schema.
Die unterschiedlichen Modi es in der Schematherapie
Kindmodi
- verletztes, trauriges Kind
- verletztes, verlassenes Kind
- abhängiges Kind
- ärgerliches Kind
- wütendes Kind
- impulsives Kind
- undiszipliniertes Kind
Elternmodi
- strafende Modus
- leistungsfordernde Modus
- emotional fordernde Modus
Gesunde Modi
- der gesunde Erwachsene
- das fröhliche Kind
Problematische Bewältigungsmodi
UNTERWERFUNG
- »People-Pleaser«
VERMEIDUNG
- Distanzierung von emotionalen Schmerzen durch:
- Vermeidender Selbstschutzmodus
- Distanzierter Selbstmodus
- Wütender Selbstschutzmodus
- Klagsamer Selbstschutzmodus
- Selbstberuhigung und -stimulation
ÜBERKOMPENSATION
- Kampf und Anstrengung
- Selbstüberhöhung
- Zwanghafte Kontrolle
- Misstrauische Kontrolle
- Suche nach Aufmerksamkeit und Bestätigung
- Schikane und Angriff
- Falschheit und Verschlagenheit
Fazit
Die KVT und die reine Verhaltenstherapie in der Exposition (Konfrontationstherapie, z. B. bei Angst und Zwangsstörungen) bleibt die Therapiemethode der Wahl, wenn es das Umlernen Kognitiver Prozesse geht. Damit es dazu kommen kann und die Therapie-Abbruch-Quote für Non-Responder so gering wie möglich ist, kann die Schematherapie einen wertvollen Beitrag leisten.

Das wichtigste Element für Therapieerfolg, die gute Beziehung zwischen Therapeut:in du Patient:in, steht besonders zu Beginn im Mittelpunkt der Therapie. Bedürfnisse wie Bindung, Geborgenheit, Anerkennung und elterliche Fürsorge werden von Therapeut:innen der Schematherapie individuell und ausreichend gesehen und befriedigt.
Meine Sicht ist: Erst wenn dann die Patient:in-Therapeut:in-Beziehung stabil und tragfähig den Raum für Sicherheit und Vertrauen schafft, ist das Potential für eine gelungene Veränderungsmotivation des Patienten möglich. Im besten Fall kann die Patient:in sich erfahren im SO SEIN-dürfen, auch wenn sie nicht sofort Hurrah ruft bei 6-10 Stunden KVT-Hausaufgaben in der Woche. Jeder Mensch braucht seine Zeit. Jeder Mensch ist anders und jeder Mensch hat das Recht auf eine Kognitive Verhaltenstherapie - auch im Rahmen seiner Möglichkeiten. Die Schematherapie berücksichtigt diese Komponenten.
Ich setze die Schematherapie deshalb von Beginn an ein und sage bereits im Erstkontakt: Schön, dass Sie da sind und nun sehen wir mal, was Sie alles mitbringen…